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Die Verleugnung bzw. Abspaltung der jeweils als gegengeschlechtlich angesehenen Persönlichkeitsanteile hat bei Mann und Frau weitreichende Folgen. Die Patriarchalen Grundverletzungen behindern die freie Entwicklung des heranwachsenden Menschen und führen zu Abspaltung gegengeschlechtlicher Anteile. Sie schüren einen Krieg zwischen den Geschlechtern, der sonst nie vorhanden wäre. Diese abgespaltenen Anteile sind nicht verschwunden, sondern sie bestehen fort als unbewusste innere Konflikte und erzeugen z.B. Schuldgefühle, heimliche Sehnsüchte und Phobien bzw. Hassgefühle oder innere Zerrissenheit und ambivalentes Verhalten, ja vielleicht sind sie sogar die Ursache der Entstehung von Fetischen und sexuellen Perversionen.
Der Wunsch mancher Männer sich heimlich Frauenkleider anzuziehen, könnte z.B. für die heimliche Sehnsucht stehen, die abgespaltenen weiblichen Anteile endlich doch einmal leben zu dürfen. Oder wenn es ein Mann als lustvoll empfindet sich inkognito von einer Domina gegen Bezahlung Schmerzen zufügen zu lassen, lebt er in Wirklichkeit unbewusst die nie ausgelebten Rachegelüste der eigenen, innerlich abgespaltenen Mutter gegenüber seinem Vater aus, den sie für sein patriarchales Dominanz-Gehabe zu hassen gelernt hat: Einem Vater, dem gegenüber er loyal sein musste, um seine „Mannwerdung“ vollziehen zu können und eine Mutter, deren Leid er aus seiner kindlichen Liebe heraus zutiefst bedauerte und deren schwelenden Hass gegen den Vater er spürte.
In anderen Fällen, wenn z.B. die Loyalität des Sohnes zum Vater zu stark ausgeprägt ist, projiziert die Mutter den Hass auf den Vater sogar auf den Sohn. Auch dies spürt der Sohn und er wird mit zunehmender Reife jede Ablehnung, jede Strafe und jede Demütigung seitens seiner Mutter, die eigentlich seinem Vater galt, dazu verwenden um alle mütterlichen Verhaltens-Anteile in sich gründlich zu eliminieren (auch solche, die mit dem Geschlechtsstereotyp eigentlich nichts zu tun haben) und seinem Vater immer ähnlicher werden, wodurch er den Hass der Mutter nur noch weiter anfeuert. In dieser familiären Konstellation ist die Gefahr gegeben, dass sich der Sohn, der früh erfährt, dass er in den Augen der Mutter gar nichts richtig machen kann, zu einem Frauenhasser entwickelt.
Nicht selten haben Vergewaltiger eine eben solche Biographie, das durch ein gestörtes Mutterverhältnis charakterisiert ist. Ein Vergewaltiger nimmt in nur wenigen Minuten Rache für das, was ihm selber an Demütigungen und Misshandlung über viele Jahre widerfahren ist. Dies soll bitte nicht als „Rechtfertigung“ solcher und ähnlicher Handlungen verstanden werden, sondern nur verdeutlichen, in welch unglücklicher Weise patriarchale Strukturen zusammenwirken. Das, was der Vergewaltiger seinem Opfer antut, tut er auch seiner verinnerlichten, abgespaltenen Mutter und somit sich selber an. Umgekehrt betrachtet macht erst diese seelische Abspaltung die Gewalttat, die es an jeder Empathie und affektiver Resonanz fehlen lässt, überhaupt erst möglich. Mit jeder gegen eine Frau gerichteten Gewalttat verstärkt der Täter die innere Spaltung bis hin zur Irreversibilität. Jeder Versuch der inneren Aussöhnung würde die auf sich geladene Schuld unerträglich machen, infolgedessen wird die innere Aussöhnung umso stärker abgelehnt. Hierin könnte ein Grund für die hohen Rückfallquoten bei der psychotherapeutischen Behandlung von Sexualverbrechern liegen, während die (freiwillige) chirurgische Kastration im Vergleich dazu mit nur 3% Rückfallquote geradezu unheimlich erfolgreich zu sein scheint (Studie von Wille und Beier 1989).
Doch warum ist das so? Sicherlich wird ein großer Anteil der Motivation zu sexuellen Handlungen und somit auch zu Sexualverbrechen durch das im Hoden produzierte Testosteron verursacht. Doch dies allein erklärt das Phänomen nicht hinreichend, denn auch bei Frauen ist Testosteron für den Sexualtrieb verantwortlich, wenn auch in einer um den Faktor 10 bis 20-fach geringeren Konzentration, da es bei Frauen ausschließlich in der Nebennierenrinde produziert wird. Auch Männer können mit dieser geringen, durch die Nebennieren erzeugten Menge sexuelles Interesse aufrechterhalten, selbst wenn sie chirurgisch kastriert sind. Meiner Ansicht nach bedeutet eine chirurgische Kastration für einen Mann den meist irreversiblen Verzicht auf Männlichkeit, die sich im Patriarchat stark mit sexueller Potenz gleichsetzt. Dieser Verzicht führt zum Bruch mit dem männlichen Ideal, dem der kastrierte Mann ja nun nie wieder entsprechen kann, erst recht nicht in der ihm eigenen stereotypischen Betrachtungsweise. Gezwungenermaßen nähert er sich dem zuvor abgespaltenen weiblichen Anteil seiner Seele an. Da die sexuellen Vergehen von dem Teil der Männlichkeit initiiert wurden, den er nicht nur physisch, sondern jetzt auch psychisch verloren hat, kann er sich plötzlich von der riesigen aufgeladenen Schuld entledigen, zumal er seiner Kastration ja selber zugestimmt hat.
Diese „Selbst- Entschuldung“ durch die Opferung der schuldtragenden Männlichkeit ist es, welche eine Aussöhnung mit dem abgespaltenen weiblichen Anteil der Seele überhaupt ermöglicht. Dieser psychologische Aspekt spielt neben dem physischen Testosteron-Entzug eine nicht zu unterschätzende Rolle im Zustandekommen der geringen Rückfallquoten bei der chirurgischen Kastration. Beweisen kann ich es hier freilich nicht, aber es passt recht gut in das Modell der seelischen Abspaltung gegengeschlechtlicher Anteile unter patriarchalen Verhältnissen. Insofern sollte diese Maßnahme nicht generell als „menschenverachtende Verstümmelung“ angesehen werden, sondern als ein möglicher Weg zur seelischen Genesung, der für Transsexuelle doch ebenso toleriert, ja sogar respektiert wird.
Auch das nahezu weltweite Phänomen der Prostitution ist zum einen auf die patriarchale Grundverletzung zurückzuführen (die da lautet: „Frauen dienen dem Sex“ und nicht „Der Sex dient der Frau“), zum anderen haben die allermeisten Prostituierten in ihrer Kindheit bzw. Jugend tatsächlich sexuelle Übergriffe bzw. sexuelle Gewalt erfahren. Auch hier haben wir es mit Abspaltungen zu tun: Seine körperlichen Grenzen nicht verteidigen zu können, obwohl diese massiv übertreten werden, führt auf Dauer zur permanenten Abspaltung von Gefühlen, einem „es über sich ergehen lassen“ in einer Art widerstandslosen Gefühlsstarre. Diese durch schwerste seelische und körperliche Misshandlung hervorgerufene Abspaltung des Körpergefühls und der Abspaltung des eigentlich angeborenen Ekels gegenüber erzwungenen körperlichen Übergriffen ist geradezu die Voraussetzung zur Ausübung der Prostitution.
Männer, die zu Prostituierten gehen, machen sich also den Umstand zu Nutze, dass es Frauen gibt, die in ihrer Kindheit oder Jugend missbraucht und misshandelt wurden und re-inszenieren den Leidensweg des Opfers wieder und wieder. Während die Männer dies tun, „vergewaltigen sie“ zugleich ihren eigenen abgespaltenen weiblichen Anteil treiben weitere Keile in die innere Spaltung. Wären sie in gutem Kontakt mit ihrem weiblichen bzw. mütterlichen Anteil, würde es ihnen innerlich wiederstreben so etwas zu tun. Oft können Prostituierte kein echtes Vertrauen mehr zum anderen Geschlecht aufbauen, denn Vertrauen kann nur bestehen, wenn die persönlichen Grenzen gewahrt und respektiert werden. Oft sind Prostituierte Alkohol-, Medikament-, oder Drogen-abhängig um die Reste des Gefühlslebens auszuschalten oder besser ertragen zu können.
Prostituierte sind eine ausschließliche Erscheinung des Patriarchats/Postpatriarchats und in der Regel wurden diese in ihrer Vorgeschichte Opfer männlich-sexueller Übergriffe und Misshandlungen. In der Prostitution geht es zudem schon lang nicht nur um Sex: Prostituierte lassen sich nicht nur durch sexuelle Handlungen körperlich missbrauchen, sondern sie lassen sich von ihren Freiern auch seelisch misshandeln, in dem sie sich demütigen und erniedrigen lassen, indem sie z.B. Sperma schlucken müssen oder sich mit Fäkalien des Freiers verschmutzen lassen müssen. Auch gehört die Erduldung schwerer körperlicher Misshandlungen immer mehr zum „Berufsbild“ einer Prostituierten, d.h. z.B. das Geschlagen werden, das schmerzhafte Verdrehen von Gelenken, das Abbinden der Brüste und weitere Abartigkeiten, die man nur als brutale menschenverachtende Folter bezeichnen kann! Nur wer am meisten mit sich machen lässt, kann finanziell über die Runden kommen – und die kostengünstige Konkurrenz aus Osteuropa ist riesengroß. Und so wird die Branche immer ekelerregender, gewalttätiger und Frauen-verachtender.
Prostituierte nicht zu bestrafen ist die richtige Entscheidung (Opfer bestraft man nicht), Prostitution zu legalisieren ist hingegen ein Verbrechen, denn das legitimiert und sanktioniert von Staatswegen das Bild der Frau als willenloser Sexdiener und produziert somit neue männliche Täter und weitere weibliche Opfer. Eine bessere Alternative wäre die Freier strafrechtlich zu verfolgen und die Prostituierten in staatlich subventionierte Ausstiegsprogramme aufzunehmen und ihnen sowohl eine psychologische Betreuung als auch eine berufliche Neuorientierung anzubieten.
Herzlichst,
Euer Anatol
(c) all rights reserved by Robert Anatol Stein, 2013
Es gibt die eine Seite in der Prostitution die unbestritten wiederwärtig ist!
Doch es gibt Prostituierte und Prostituierte und Prostituierte. Und dann gibt es Freier und Freier und Freier. Ich denke man sollte nicht alles über einen Kamm scheren!
Ich habe einige Freundinnen die diesen Beruf ausüben und, kaum zu glauben, sie machen ihn gerne! Es gibt Männer die sich nur sehnsüchtig mal von einer Frau halten lassen wollen. Männer, die sich wünschen von einer Frau, und sei es nur eine Stunde, so genommen zu werden wie sie sind. Wieso diese Männer strafrechtlich verfolgen lassen…? Und es gibt Frauen, denen macht es z.B. Spaß in Kontakt mit Männern zu gehen, sich ihnen hinzugeben oder aber auch sich die Brüste abbinden zu lassen, da kenne ich genügend. Wieso sich nicht sein Geld mit etwas verdienen was man mag?
Ganz ehrlich, ich bin froh das es in der heutigen Zeit den Beruf der Prostituirten gibt. Ich möchte mir nicht ausmalen wie es ausschauen würde, wenn es sie nicht gäbe.
Herzlichst, S*
Liebe Sonja, ich danke Dir für Deine offene Meinungsäusserung. Ich will dazu Folgendes zu denken geben: Dass Frauen sexuelle Freiheiten leben wollen ist nicht nur verständlich, sondern auch absolut legitim. Ob sie das aber im Rahmen einer existenziellen Abhängigkeit davon machen sollten, halte ich für fraglich. Jeder Mensch hat seinen blinden Fleck. Ich kenne z.B. unzählige Menschen die sich mit Alkohol, Drogen oder Zigaretten wider besseren Wissens schädigen und dennoch behaupten sie täten es gerne. Ebenso gibt es unzählige Männer, die gerne Berufe ausüben, in denen Gewaltanwendung Gang und Gebe ist. Meiner Meinung nach liegen diesen Haltungen seelische Verletzungen zugrunde, von denen die meisten in der Kindheit zugefügt werden.
Menschliche Wärme und Nähe bzw Liebe können und dürfen keine käuflichen Güter werden: Wenn mir als Mann aus meinem Umfeld niemand Nähe oder Zärtlichkeit gewähren will, dann sollte ich doch beginnen darüber nachzudenken an meinem Verhalten etwas zu ändern, anstatt mir diese einfach irgendwo zu kaufen, oder? Das ist Selbstregulation. Und um zu verhindern, dass Männer zu Vergewaltigern werden wünsche ich mir als letztes „Sicherheitsnetz“ nicht die Prostitution, sondern gefälligst eine Haltung in der Gesellschaft, welche die Enstehung solcher gewaltorientierten Geisteshaltungen schon in ihrer Entstehung verhindert. „Ich kann alles kaufen“ ist meiner Meinung nach nicht die Haltung …
Herzliche Grüsse,
Anatol
Versthe was du meinst und kann Deine Grundhaltung bestens nachvollziehen.
Und doch denke ich, dass mache Männer sich vielleicht erst mal Nähe und Wärme kaufen müssen um sich nachzunähren, um sich zu stabilisieren, um an Selbstbwusstsein zu gewinnen, um so vielleicht ihre Haltung ändern zu können, um so gestärkter raus in die Welt gehen zu können.
Und wie gesgat, ich kenne Frauen die es gerne machen! Und es gibt sehr viele Berufe bei denen ich mir selber mehr Gewalt antun müsste, als wenn ich den Weg der Prostitution gehen würde.
Und ja, ich bin da mit Dir einer Meinung wenn Du sagst, dass viels was ist, aus einer unerfüllten Kindheit entspringt und ich hege mit Dir den Wunsch nach einer Veränderung in unsere Gesellschaft. Doch denke ich, es bringt nichts sich viel in der Vergangenheit und in der Zukunft aufzuhalten. Lass uns lieber im Hier und Jetzt sein und hier was verändern. Und dazu gehört villeicht auch erst mal, sich Wärem und Näher zu kaufen…
Herzliche Grüße zurück, Sonja*