Das duale Wertesystem im Patriarchat

Männer und Frauen sind ohne Zweifel recht unterschiedlich. Physiologisch ganz offensichtlich, aber auch in ihren Eigenschaften, Interessen, Fähigkeiten und im Verhalten. Viele der Unterschiede sind dem Umstand der patriarchalen Grundverletzungen geschuldet (z.B. „Jungs weinen nicht!“, „So benimmt sich ein Mädchen doch nicht!“) und der damit verbundenen, unterschiedlichen Sozialisierung. Aber viele der Unterschiede sind schlichtweg auf eine unterschiedliche Biologie zurückzuführen, die einerseits auf unterschiedlich wirksame Geschlechtshormone, oder auch auf die unterschiedliche Hirnentwicklung zurückzuführen sind. Da reale Unterschiede wirklich existieren, ist Gleichmacherei und Gleichbehandlung nicht überall angebracht. In den Anfängen der Emanzipationsbewegungen Ende des 19. Jahrhunderts, war Gleichbehandlung oberstes Gebot, da es um fundamentale Grundrechte ging, die sich die Frauen erst mühsam erkämpfen mussten. Mittlerweile kann jedoch beobachtet werden, dass auch die absolute Gleichbehandlung der Geschlechter vielerorts zu Unrecht und Ungerechtigkeit führt: z.B. hat ein nur am männlichen Körper orientiertes Gesundheitssystem jahrzehntelang zu Fehldiagnosen und falscher Medikamentendosierung bei Frauen beigetragen. Oder eine (bei beiden Geschlechtern) geringer entlohnte Kurzzeit- bzw. Teilzeitbeschäftigung trifft in der Praxis viel härter die Frauen, da letztere diese durch die faktisch vorhandene Mehrfachbelastung (Haushalt, Kinder, Job) viel häufiger in Anspruch nehmen. Oder der körperlich anstrengende Beruf eines Stahlarbeiters kann beispielsweise von vielen Frauen gar nicht wahrgenommen werden, obwohl er weit besser bezahlt wird, als beispielsweise der einer Erzieherin. Viel häufiger ist nicht Gleichbehandlung, sondern Gleichwertigkeit das Zauberwort, das Gerechtigkeit schafft. Gerade die patriarchalen Grundverletzungen sind es, die künstliche Unterschiede zwischen Frau und Mann zu kreieren und ganz subtil und schwer zu erkennen eben diese Gleichwertigkeit aushebeln. Als Konsequenz scheinen Frauen und Männer in der patriarchalen Welt tendenziell nach einem unterschiedlichen Wertesystem zu leben. Frauen tendieren augenscheinlich dazu ein sozialeres, friedlicheres, deeskalierendes Wertesystem zu besitzen als ihr männliches Gegenstück. Dieses weibliche Wertesystem wird gleichsam einer biologischen Notwendigkeit durch das Mutterwerden und Muttersein in hohem Maße verstärkt: Mütter gelten in der Mehrheit als fürsorglicher, zärtlicher, nachsichtiger, sozialer, gewaltloser und sie bevorzugen niemals eines ihrer Kinder. Eigenschaften, die man einem Vater nicht annähernd in gleichem Maße nachsagen würde. Väter gelten als diejenigen, die das Konkurrenzdenken und das Kräftemessen und den „gesunden Egoismus“ ins Spiel bringen. Mit zärtlichen Liebesbekundungen und Nachsichtigkeit tun sich viele schwer. Oft treten die Väter als Richter und Bestrafer in Erscheinung. Dieses durch patriarchale Strukturen am Leben erhaltene duale Wertesystem ist es, welches die Geschlechter entzweit. Das in einem anderen Artikel benannte „Hänschenklein-Trauma“, welches zwecks Mannwerdung die vollkommene Loslösung von der Mutter einfordert, bewirkt beim Jungen die Ablösung des mütterlichen durch das väterliche Wertesystem. Oder anders betrachtet, wird gerade diese Ablösung der Werte überhaupt als „Mannwerdung“ verstanden. Der männlichste Junge ist der, der die Stimme seiner Mutter in den Wind schlägt. Die innere Mutter wird abgespalten und ihre Gefühlswelt verschließt sich in der Wahrnehmung des Jungen. Aber Selbstverständlich ist die Welt nicht Schwarz-Weiß: Es gibt auch sehr viele Frauen und sogar Mütter, die sich des patriarchalen Wertesystems bedienen und umgekehrt gibt es auch zahlreiche Männer, die selbigem aus bestimmten biographischen Gründen wiederstehen. Aber die Tendenz ist klar: Im Patriarchat tendieren Frauen eher zu den matriarchalen Werten, Männer hingegen zu patriarchalen „Werten“ – mit den bekannten Konsequenzen.

Matriarchale Werte gegenübergestellt den patriarchalen (Un-) Werten:

  • Bedingungslose Liebe (vs. Anerkennung)
  • Fürsorglichkeit (vs. jeder für sich allein)
  • Nachsicht (vs. Korrektur, Strafe und Vergeltung)
  • Achtsamkeit (vs. Urteilen/Werten/Vergleichen, Verletzen, Ausgrenzen)
  • Vielfalt und Toleranz (vs. Nationalismus, Rassismus, Sexismus, Mobbing)
  • Gleichwertigkeit (vs. Status- und Klassendenken)
  • Gemeinsinn und Familiensinn (vs. Konkurrenz, Egoismus, Singlegesellschaft und Individualismus)
  • Teilen und Ausgleich (vs. Anhäufen von Macht, Geld und Besitz)
  • Konsensgesellschaft (vs. totalitäre Herrschaft, Schein- und Lobbydemokratien, Hierarchien)
  • Lebendigkeit (vs. emotionale Panzerung, Rigidität, Passivität, Gleichgültigkeit)
  • Gewaltlosigkeit (vs. Gewalt in allen gesellschaftlichen Bereichen)
  • Beziehungsfreiheit (vs. bedingungslose Monogamie und Besitzanspruch)
  • Natur- und Erdverbundenheit (vs. Fortschrittsglaube, Technisierung und Industrialisierung)
  • Spiritualität (vs. Rationalismus)

Herzlichst,

Euer Anatol Stein

(c) by Robert Anatol Stein, 2013

Über anatolstein

Robert Anatol Stein, Dipl.-Ing. (BA), Systemischer Coach, Systemischer Körperpsychotherapeut, http://www.dreistattdry.de, Mitglied bzw. Unterstützer von: MatriaVal e.V., Greenpeace, World Vision, Avaaz.org, Paladins.eu, MatriaSys.de, DreiStattDry.de
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